Klimapolitischer Aufbruch in NRW: Wie gelingt die Transformation? Bericht vom Klimakongress der Landtagsfraktion

Zum 4.11.2023 haben die Mitglieder der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum jährlichen Klimakongress in den Düsseldorfer Landtag geladen. Es war die größte Veranstaltung, die die Landtagsfraktion jemals auf die Beine gestellt hat. Auf dem Klimakongress kamen dreihundert interessierte Menschen mit Expert*innen zusammen.

Noch nie war der Klimawandel so präsent wie in diesem Sommer und den letzten Jahren: Waldbrände, Überschwemmungen, Hitze, Dürre, Hagelstürme, der nasseste Sommer in NRW seit Jahren und sichtbares Artensterben. Umso dringlicher ist es, die Klimaschutzpolitik ambitioniert und rasch voranzutreiben, so der Grünen Europaabgeordnete Michael Bloss in seiner Auftaktrede.
Grüne Politik hat viel in unserem Land erreicht. Der Kohleausstieg 2030 ist beschlossene Sache.
Seit 13 Jahren gibt es in NRW keinen neuen Tagebau mehr. An der Spitze mit Mona Neubauer wurden Weichen gestellt. Oberstes Ziel bleibt es, NRW zum ersten klimaneutralen Land Europas zu machen.

Der Weg dorthin wurde anschließend, unter der Moderation von Michael Röls-Leitmann (stellvertr. Fraktionsvorsitzender und Sprecher für Klimaschutz und Energiepolitik), im Rahmen einer Podiumsdiskussion unter dem Titel „Klimapolitischer Aufbruch in NRW: Wie gelingt die Transformation?” erörtert.
Wibke Brems machte in ihrem Grußwort deutlich, was wir beim Kohleausstieg, bei den Erneuerbaren und bei der Transformation schon erreicht haben.

Danach diskutierten Mona Neubauer (Stv. Ministerpräsidentin NRW, Ministerin für Wirtschaft, Industrie Klimaschutz und Energie) mit Pauline Brünger (Klimaaktivistin Fridays für Future Deutschland), Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick (Präsident und wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts) und Thomas Meiers (Landesbezirksleiter IGBCE Westfalen). Eine spannende Runde, die in ihren Positionen das derzeitige Meinungsbild der Hauptakteure: Politik (Mona Neubauer), Klimaaktivisten (Pauline Brünger), Wissenschaft (Prof. Fischedick) und Wirtschaft (IGBCE i.V.v.Thomas Meiers) widerspiegelte.

Prof. Fischedick machte klar, dass die Transformation zur Klimaneutralität, welche nicht nur im Bereich der Industrie, sondern auch in der Gesellschaft (Verkehr, Bauen/Wohnen) stattfinden muss, nicht so schnell voranschreitet, wie es die festgeschriebenen Klimaziele erfordern und man sich nicht auf dem bereits Erreichten „ausruhen“ darf. Im Gegenteil! Denn um dem rechtsverbindlichen europäischen „Green Deal (null Nettoemissionen bis 2050) und dem Zwischenziel einer Emissionssenkung von 55 % bis 2030 (gegenüber 1990) einzuhalten, bedarf es einer deutlichen Steigerung der bisherigen Anstrengungen. Dabei muss es gelingen, dass der „Wirtschaftsstandort Deutschland“ wettbewerbsfähig bleiben muss und nach Möglichkeit auch in Zukunft eine Führungsrolle einnimmt. Zumal Länder wie die U.S.A. mit ihrem Bundesgesetz – dem „Inflation Reduction Act“ (IRA) – und China hohe staatliche Subventionen leisten, welche für europäische Firmen von Nachteil sind, da die EU keine ähnlichen Subventionen leistet, sondern gegenteilig sogar den Ländern solche Investitionen untersagt.
Den romantisierenden Vorstellungen der ewig gestrigen, am „ Status Quo“ festzuhalten, muss die konkrete Vorstellung eines „Fahrplans“ entgegengebracht werden, der pragmatische Lösungen anstrebt, wie moderne, technologische Infrastruktur und das Erreichen eines allseits akzeptierten Energie- u. Strommarktpreisdesigns.

Pauline Brünger verdeutlichte die gesellschaftlichen Aspekte. Die Transformation kann nur gelingen, wenn alle, sowohl Akteur*innen als auch Betroffene, die Notwendigkeit für sich selbst erkennen. Wie kann die Akzeptanz erhöht werden? Investitionen in den Klimaschutz sind Investitionen in soziale Infrastrukturen.

Thomas Meiers vom IGBCE forderte eine aktive Industriepolitik, die den Transformationsprozess begleitet und damit den Erhalt tausender Arbeitsplätze sichert. Unterstützende Maßnahmen, wie etwa ein periodisch begrenzter Industrie Strompreis, wären durchaus wünschenswert. Arbeitnehmer*inneninteressen stehen nicht im Widerspruch zu Umweltinteressen. Im Gegenteil, im Rahmen ihrer Mitbestimmungsrechte fordern auch die Arbeitnehmer*innenvertretungen in ihren Betrieben Mitsprache und Innovationen beim Thema Klimaschutz. Es gibt sogar Protestallianzen. Man denke an gemeinsame Streikaktionen von VERDI und „Fridays for Future“.

Mona Neubauer betonte die Dringlichkeit – anlässlich der bereits bekannten Folgen. Sechs der neun planetaren Überlastungsgrenzen sind bereits überschritten. Das vorliegende Tempo reicht nicht aus, um die vorgegebenen Klimaziele zu erreichen. Sie bestimmte den Rahmen einer zielgerechten Industriepolitik. Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet keineswegs Wachstumsverzicht. Es gelten natürliche Prinzipien. So wie sich die Natur immer wieder erneuert, sich in einem stetigen Kreislauf erhält, so kann auch die transformierte Industrie über neue Wertschöpfungsprozesse nachhaltig Gewinne generieren. Ressourcenverbrauch und Wachstum müssen entkoppelt werden. Dies kann eine moderne Kreislaufwirtschaft leisten. Innovatives Produktdesign kann bereits bei der Herstellung die Wiederverwendbarkeit beinhalten. Europa befindet sich im Wettbewerb mit der Welt. Wir müssen Vorreiter sein.

In der Vergangenheit hat Europa schon einmal Industrialisierung vorgegeben. Es gilt nun die europäische Aufgabe der Neu- bzw. der Reindustrialisierung. Dies gilt für Europa, für Deutschland und erst recht für NRW. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für die Kompetenz in Fragen des Klimaschutzes und seine Umsetzung. Dies ganz konkret: Wir entwickeln finanzielle Unterstützungsprogramme, wir fördern Innovationen, wir gewährleisten Planungs- und Genehmigungssicherheit. Zukunftstechnologien wie Energiegewinnung durch Wasserstoff – siehe Stahlkonzern Thyssen-Krupp oder CO2 -(Kohlendioxid)Speicherung – werden von uns begleitet. Windräder werden bei uns gebaut. Wir sorgen dafür, das unsere Chemieindustrie neue Produkte ohne fossile Energieträger produziert. Mit Hilfe neuer Gesetzesgrundlagen wie dem „Bürgerenergiegesetz“ fördern wir die Akzeptanz. Deutschland wird zu einer Baustelle, im wörtlichen Sinne. Neue Fernwärmenetze sichern die Sektorenkopplung in den Kommunen. 70 Milliarden Euro pro Jahr sind geplant für Beratung und gezielte Förderung. Wir unterstützen die Bildung von Netzwerken zwischen Bürger*innen und Industriepakte, Wärmekompetenzcenter in denen wir unser „Know-how “ vermitteln. Die Energiewende ist eine gemeinsame Aufgabe von uns allen. Nicht „Die da oben“ schreiben sie vor, sondern WIR ALLE setzen sie um!

Im Anschluss – nach gelungenem Imbiss – hatte dann jeder Teilnehmer die Möglichkeit, nach vorangegangener Anmeldung, an einem der 13 spannenden Workshops über Aspekte wie Kultur, Gesundheit, Finanzen, Wärmeversorgung oder Industrie konkret zu erarbeiten, was noch getan werden muss. Denn um auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen, ist noch mehr zu tun.
Weitere Workshops bildeten auch die Themenforen „Die klimagerechte Gesundheitsversorgung“, „Die Klimafolgeanpassungen bis hin zum „Biodiversitätsschutz“ und dem Thema einer „klimafreundlichen Verkehrswende“.

Bei dem vom Sprecher des OV Marls Thomas Sutmann besuchten Forum zur „Klimaschutzfinanzierung“, welches durch Simon Rock (MdL BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sprecher für Haushalt und Finanzen) geleitet wurde, sprach Herr Prof. Dr. Jens Südekum (Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz) über die voraussichtlich zusätzlichen Investitionen, deren wahrscheinlichen Höhe, und über die Möglichkeit der Finanzierung einer solchen Transformation zur Klimaneutralität. Das Ganze auch unter Berücksichtigung einer ökonomischen Prosperität (wirtschaftlicher Aufschwung/Wohlstand).
Deutlich wurde, dass die dringend erforderlichen Investitionen, welche durch öffentliche Subventionen gefördert wird, wie die Beteiligung an öffentlichen Geschäften, z.B. Windpark-Beteiligungen, zukünftig nicht in Einklang mit der „Schuldenbremse Deutschland“ (verfassungsrechtliche Regelung) zu bringen sind, da es unentbehrlich sein wird, privates Kapital bei der Transformation zu „hebeln“.
Dazu bedarf es wiederum solventer kommunaler Haushalte, welche in weiten Teilen NRWs und insbesondere im Ruhrgebiet nicht vorhanden sind. Diese kommunalen Haushalte müssen durch nachhaltige Investitionsbeteiligungen privates Kapital hebeln und somit den notwendigen „Anschub“ leisten können. Um ver- oder überschuldeten Kommunen dazu den passenden „Spielraum“ zu geben, kam sehr schnell das Thema der Altschuldenregelung „auf den Tisch“. Diese Altschuldenregelung ist ohne ein Aussetzen der Schuldenbremse nicht möglich.
Auch die Finanzierung über öffentliche Investitionsgesellschaften (z.B. NRW-Bank oder KfW), für das sich sogar der öffentliche Beirat (überwiegend sehr konservativ besetzt) ausgesprochen hat, bedarf der Ausstattung mit entsprechenden Mitteln. Auch dieses ist ohne Aussetzen der Schuldenbremse wiederum nicht möglich.
Fazit: Es müssen alle demokratischen Parteien davon überzeugt werden, dass das Aussetzen der Schuldenbremse unumgänglich ist.
Hierzu bietet die Ausnahmeregelung (Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen) den entsprechenden Ansatz. Wenn die Finanzkrise (2007), die Coronakrise (2020) und die Energiekrise (2022) bereits Ausnahmen darstellten, so sollte die Klimakrise, allen voran, durch die Ausnahmeregelung getragen werden.

Unser Mitglied Frank Chilenski besuchte das Forum „Kommunale Wärmeplanung“ unter der Leitung von Dr. Peter Moser (wissenschaftlicher Mitarbeiter des DBU Zentrum für Umweltkommunikation).

In spielerischer Form wurde die kommunale Energieversorgung für eine in 2045 klimaneutrale Kommune einerseits im städtischen (100 TSD Einwohner) andererseits im ländlichen (3 TSD Einwohner) Umfeld entwickelt. Mit Hilfe eines Kartenspiels wurden die Instrumente der kommunalen Energieversorgung zu einer „Sieges-tauglichen Fußballmannschaft“ zusammengestellt:11 Feldspieler, 6 Auswechselspieler + Trainer und 2 Joker.
Unter „Harbi“ (Robert Harbeck) als Trainer wählte man „Sunny“ und „Windi“ zum Beispiel im Sturm, „Öli“ und „Gasi“ wurden natürlich sofort aussortiert.
Das Spiel hat die Intention, die zukünftig handelnden Menschen richtig zu erreichen. Die Bedeutung der Kommunikation – gerade unter dem Aspekt der Akzeptanz – steht im Vordergrund. Laut Staatssekretär Stefan Wenzel: „50 % unseres Erfolges ist am Ende Kommunikation und 50 % ist Governance, Finanzierung und Technik“.

Laut Vizekanzler und Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck:

„Die Wärmewende kann nur vor Ort, d.h. auf lokaler Ebene, zu einem Erfolg geführt werden, weil Wärme – im Unterschied zu Strom und Gas – praktisch vollständig in räumlicher Nähe erzeugt und verbraucht wird. Gleichzeitig ist der Koordinierungsbedarf hoch, weil unterschiedliche Infrastrukturen, langlebige Investitionen und eine Vielzahl von Akteuren betroffen sind. Wir brauchen deshalb dringend eine sehr aktive Rolle der Kommunen – sowie die tatkräftige Unterstützung der Länder und des Bundes.“

Ein schönes Schlusswort im Sinne der Veranstaltung.

Frank Chilenski und Thomas Sutmann

Bildnachweis: Frank Chilenski und Thomas Sutmann

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